Martinas Blaue Reise

Angies Umzug in die Türkei

 

oder

"DIE TÜRKEI FÜR FAULENZER UND GENIESSER"

"Was? Wir müssen schon wieder einen Ausflug machen?" - der meist gehörte Satz der Woche.....

Eine Woche rumliegen und nur die Sonne geniessen - kann das ein schöner Urlaub werden? Ausserdem war ich mir ganz und gar nicht sicher, ob ich seefest bin. Ich war da skeptisch, wurde aber von der Clique überstimmt.

Also standen wir zu sechst an einem Montag morgen im August am Kai in Marmaris - und ich bereute erst mal alles: vor mir lag ein wunderschönes Boot, nur mit einem schmalen, wackligen Steg mit dem festen Land verbunden. Erst nach längerem, geduldigen Zureden überwand ich meine Panik vor Holzbrücken und zitterte mich über das trübe Hafenwasser, von wo aus mir Schwärme von Fischen schadenfroh zuschauten.

Aber das war auch schon das einzige "Negativerlebnis" dieser Woche (Übrigens kann ich seitdem mit einem müden Lächeln über die schmalsten Brücken laufen...)

Bereits nach einer Nacht in den sehr kleinen und heissen Kabinen verlegten wir das Nachtlager an die frische Luft. Gibt es etwas Schöneres, als die Sterne zu betrachten, sich vom sanften Schaukeln des Schiffes langsam in den Schlaf wiegen und sich vom leisen Rauschen des Meeres sein Schlaflied singen zu lassen? Noch schöner ist das Aufwachen: Ist es nicht traumhaft, wenn man die Augen aufschlägt und als erstes das Meer oder den langsam heller werdenden Himmel betrachtet ? Aus dem "Bett" zu kriechen und sich mitsamt dem Schlaf-T-Shirt nach höchstens 3 Schritten einfach ins kristallklare Meer fallen zu lassen?

Hatten wir anfangs eher die Vorstellung einer "Kreuzfahrt im Miniformat", stellten wir aber schnell fest, dass es eher einem "Zeltlager auf dem Wasser" entsprach. Auch die sanitären Anlagen sind - naturgemäß - auf einem solchen Schiff recht klein. Großen Komfort konnten wir auf unserem Schiff nicht erwarten, dafür einen Service wir im Grandhotel, kümmern sich doch Käptn, Smutje und Matrose nach Kräften um die Gäste.

Hat man dann noch Glück mit den Mitreisenden, dann steht einem traumhaften Urlaub nichts mehr im Wege. Gemächlich gleitet das Boot an der Küste entlang, legt immer mal wieder einen Badestopp ein. Manche Buchten sind ein regelrechter Yachten-Parkplatz, in manchen sind wir ganz allein. Die angebotenen (im Preis inbegriffenen) Ausflüge, z.B. nach Fethiye, Kalkan (nur für Leute, die gut zu Fuss sind, denn zu den Ruinen ist man gut und gerne eine gute halbe Stunde zu Fuss unterwegs...) oder Dalyan mit den berühmten lykischen Gräbern und der Fahrt durch das Labyrinth aus Riedgras sind trotz aller Faulheit eine willkommene Abwechslung. Die Schildkröten am berühmten Iztuzu-Strand bei Dalyan bekamen wir nicht zu sehen, die wagen sich nur nachts an Land.

Eine weitere Abwechslung sind die Angebote findiger Türken, die mit kleinen Motorbooten an die Schiffe kommen und aus der Schokoladen- und Süßigkeitensucht der seit Tagen furchtbar gesund ernährten Schiffsbesatzung Riesengewinne schlagen.... wer seit Tagen kein Magnum mehr bekommen hat, bezahlt gerne diesen Schokoladendealern 6 oder 7 DM für ein Eis - hat man doch sonst keine Gelegenheit, sein Geld loszuwerden.... überhaupt das Essen an Bord: einfach, sehr gesund und ungeheuer lecker: Viel Gemüse, mit Joghurt oder Zitrone, lecker gegrilltes Fleisch und zum Nachtisch Obst - und das zweimal am Tag. Morgens ein typisch türkisches Frühstück: Weissbrot, Butter, Schafskäse, Melonen, Tomaten und Tee. Nachmittags gibt es noch einen kleinen Snack. Wer auf seinen Kaffee (so wie ich) oder seine Nutella nicht verzichten kann, sollte das lieber mitbringen.

Ansonsten hängt der Erfolg dieser Reise extrem von den Mitfahrern ab, denn auf einem 12 - 16 m langen und bis zu 4 m breiten Boot können sich 12 Gäste und 3 Mann Besatzung nicht aus dem Weg gehen. Hat man Glück, so wie ich, folgen auf entspannte Tage durchfeierte Nächte mit trommelndem Kapitän und bauchtanzenden Smutje, einer gefakten Schiffstrauung, jede Menge alberne Spiele (legendär ist das "Pferderennen im Sitzen") und nicht zuletzt mit einem über Bord geworfenen Kapitän (weil der Raki alle war...), der dann vom Nachbarboot schwimmend "Nachschub" holte...
 

Ein außergewöhnlicher Umzug

Ab Sommer 1998:

Die anfänglichen Reaktionen meiner Umwelt glichen einem Wackelpudding kurz vor dem Stürzen, heftig geschüttelte Köpfe in Großformat. "WAS willst Du ? In die Türkei auswandern ?" war noch die mildeste Reaktion. Meine Bekannten verstanden die Welt nicht mehr. Die Türken kamen als "Gastarbeiter" nach Deutschland, um dann für immer hier zu bleiben, jaja, aber dies soll umgekehrt - sozusagen im Austausch- denkbar sein ???? Außerdem - selbst die wollen doch nicht zurück in ihre eigene Heimat !!!! Und ich als Deutsche möchte dort so richtig in echt auf Dauer leben ? Als Ausländer unter Türken ? Unvorstellbar. Ja natürlich, einen Urlaub ist das Land schon wert, schließlich gibt`s ein Mittelmeer dort und einige schöne Ecken, tolle Strände haben die auch, reichlich Sonne und sogar antike Trümmer für die Geschichtsinteressierten. Die 2 Wochen Antalya im 4 Sterne Club letztes Jahr waren einmalig, aber dann waren wir doch auch froh, wieder zuhause zu sein in Frankfurt, gell, Helga ????

Gerade war ich von einem 3monatigen Besuch in die Heimat meines Freundes zurückgekehrt nach Deutschland. Diese Zeit hatte mein Leben verändert. Bereits bei der Ankunft am Flughafen Istanbul hatte ich dieses merkwürdige Gefühl der Vertrautheit, ich stand da mit meinem Kofferkuli, umhüllt von gigantischem Chaos, hupenden Autos und einem für deutsche Ohren ohrenbetäubenden Krach. Wer kennt nicht das Gefühl, nach einer langen Reise heimzukommen, wieder vertrauten Boden unter den Füßen zu spüren und tief durchzuatmen ??? So erging es mir von der ersten Sekunde an in der geschichtsträchtigen Megacity zwischen Europa und Asien. Nun ja, Hand aus Herz, ein tiefes Durchatmen ist am Flughafen dieser Stadt wegen smoggesättigter Luft kaum möglich. Aber ich war noch niemals in der Türkei. Und fühlte mich trotzdem von der ersten Sekunde an zuhause, als wäre ich niemals in einem anderen Land gewesen.

In der Folgezeit mimte mein Freund die Paraderolle meines Beschützers, war ich doch kraft des Wechsels Deutschland - Türkei in seinen Augen zu einem 3jährigen Mädchen mutiert, weil "alles hier völlig anders ist als in Deutschland". Er warnte mich zu jedem möglichen und unmöglichen Moment vor Schlaglöchern, vor dem Autoverkehr und vor grünen Fußgängerampeln, die "hier nicht beachtet werden". Armer Mann, er war reichlich besorgt um seine deutsche Freundin.
In diesem Jahr führten wir zahlreiche nächtelange Diskussionen unter unbeschreiblichem Sternenzelt. Meist dauerten sie bis zum Morgengrauen unter rotglühendem Sonnenaufgang. Mein besorgter türkischer Freund wollte mir partout nicht glauben, daß ich schon nach wenigen Wochen Aufenthalt in der Türkei sicher war, den Rest meines Lebens hier verbringen zu wollen. Er hielt meine Begeisterung für eine vorübergehende Touristenerscheinung, sozusagen eine Fata Morgana, die sich prompt auflösen würde, wenn ich die Realität und damit auch die schlechten Seiten des Landes kennenlernen würde.........

Nun ja, wieder zurück in Deutschland begann ich, meine Hausaufgaben zu machen. Ich las jegliches Buch über´s Land, was mir zwischen die Finger kam und Erkenntnisse außerhalb des puren Touristengenres versprach. Ich belegte einen Türkisch-Kurs. Ich suchte via Internet nach Gleichgesinnten, nach Deutschen und Türken in der Türkei sowie nach tausend und einer Information. Aus merkwürdig anmutendem "Heimweh" liess ich den kompletten Tag den türkischen Auslandssender TRT int aus dem Fernseher dudeln.  

1999:
Die Frau ist vielleicht stur !!!!!!! Trotz (oder vielleicht gerade wegen ??) vertiefter Einblicke änderte ich meine Meinung nicht. Mein Freund hatte inzwischen akzeptiert, daß ich tatsächlich in der Türkei mit ihm zusammen leben kann. Meine deutschen Bekannten gaben ihre ewig kopfschüttelnde Wackelpudding - Miene auf und spalteten sich in 3 Lager - die mit mir nichts mehr zu tun haben wollten zum ersten, die mir die Durchführung meiner Pläne nicht glauben wollten zum zweiten und die mich akzeptierten zum dritten. Zugegeben, die letzte Gruppe war gar verschwindend klein. Leider. Und die erste Gruppe war gar lächerlich unwichtig. Zum Glueck.

2000:
Ich erspare Ihnen die nervtoetenden Einzelheiten eines Umzugs, das Chaos, die überall im Weg stehenden Kartons, die schleichende Verwandlung der Wohnung in eine Baustelle, das Suchen nach dringend benötigten Gegenständen, die man dümmlicherweise schon eingepackt hat, den Muskelkater vom Schleppen der Kisten, die Beinahe - Unfälle beim Abmontieren der schweren Deckenlampe mit garantiertem Krankenhausaufenthaltsrecht. Denn - wer kennt all diese fast schon alltäglichen Geschichten nicht. Also gleich zum außergewöhnlichen: Mein Umzug fuehrt mich in die Türkei, nach Istanbul.

Warum ich diese Geschichte erzähle ????
Die Wege eines jeden Menschen sind einzigartig, grundverschieden und nicht vergleichbar. Vielleicht läuft es sich auf den breiten, ausgetretenen Pfaden leichter, vielleicht geht man weniger Risiko ein, vielleicht muß man weniger diskutieren und erklären. Aber entscheidend ist letztendlich nur, den ureigenen Lebensweg, das persönliche Lebensglück, das individuelle Kismet zu finden. Es ist eine einsame Entscheidung, die sich durch niemanden abnehmen läßt, denn Ihr eigenes Leben leben nur Sie und kein Anderer in der Welt sonst. Seien Sie vorsichtig, überlegen Sie gut und lassen Sie sich nicht den Willen Dritter vielleicht sogar unbewußt aufdrängen. Unzufriedene Menschen gibt es in der Welt genug. Und wer weiß, wieviele Leben wir noch zur Verfügung haben. Es könnte auch das letzte sein......

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